Ausrüstung und Sicherheit am Berg

Vorwort

Es sind mittlerweile doch schon über fünfzehn Jahre, in denen ich regelmäßig in die Berge gehen. Mit der Zeit kommt auch die Erfahrung und von meinem Wissen möchte ich gerne etwas abgeben. Vorab möchte ich einschränken, dass ich da schilder,was für mich gut passt. Es muss nicht für jeden passen.

Orientierung

Zur  Orientierung im Gelände vor Ort verwende ich derzeit (noch) die Apemap (App), wo man sich mit einer einmaligen Lizenzgebühr Karten von ganz Österreich herunterladen kann. Alternativen sind Komoot (eher fürs Radfahren), Bergfex/AMAP mobile und Alpenvereinsaktiv (nicht intuitiv). Ich verwende letztere nur in der Planungsphase am Computer (Desktop). GPS lass ich bevorzugt dann mitlaufen, wenn unmarkierte oder weglose Abschnitte dabei sind – sonst kann ich die Strecke auch zuhause mit Alpenvereinsaktiv oder GPX Studio nachziehen. In der Apemap kann man sich ebenfalls Open Source Material reinladen (z.B.Open Street Map, Open Topo Map, Open Cyclo Map) und hat so Zugang zu den unmarkierten Steigen oder Flur/Gipfelnamen, die in offiziellen Karten nicht abgebildet sind.

Es gehört natürlich auch Erfahrung zum Karten lesen und zum Gelände einschätzen dazu. So bedeuten Höhenlinien mit großen Abständen nicht zwingend, dass das Gelände flach sein muss. Insbesondere im Karstgelände können darin auch Dolinen, Gräben und unüberwindbare Felsgebilde verborgen sein.

Wegmarkierungen sind übrigens in der Regel so angebracht, dass man sie auch von der Gegenrichtung gut sehen kann. Das hilft mögliche Richtungswechsel oder Abzweigungen zu erkennen.

Notfallsignal

RECCO: Ich habe es selbst noch nicht, aber von den Vorzügen der schnelleren Ortung, etwa via Hubschrauber, gehört. RECCO-Reflektoren sind passive Transponder, die man am Rucksack oder an der Kleidung trägt und die ein Radarsignal aussenden. Wenn man einen Notruf absetzt, sollte man dazu sagen, dass man RECCO hat, dann wissen die Rettungskräfte am Boden oder in der Luft, dass sie ein aktives RECCO-Suchgerät verwenden müssen.

Gehzeiten

Ich würde mich als schnellen Geher betrachten, deswegen sind die angegeben Gehzeiten in meinen Wanderberichten eher Richtzeiten. Das schnellere Gehen kompensiere ich aber großteils durch meine Liebe zur Fotografie, wodurch ich immer wieder mal stehen bleibe. Reine Gehzeiten tracke ich in der Regel nicht mit.

Als Richtwert für die Gehzeit gilt die Faustformel, dass man in einer Stunde durchschnittlich 300hm Aufstieg, 500hm Abstieg und 4km Strecke in der Ebene zurücklegt. Der kleinere Wert wird halbiert und zum größeren dazu gerechnet.

Beispiel: 10km und 1000hm Auftieg – 2,5h + 3h 15min = 1h 15min + 3h 15min = 4h 30min, Abstieg nicht miteingerechnet.

Auf Wegweisern stehen je nach Region manchmal Fantasiezeiten. So kann es im Karstgelände deutlich mehr Zeit verlangen, um Dolinen, Felsspaltengelände, Altschneefelder oder Blöcke zu überwinden, etwa im Toten Gebirge. Beim Wallfahrtsweg von Wien nach Mariazell kann ich mich auch an eher optimistische Gehzeiten erinnern. Ein schwerer Rucksack kann hier natürlich ebenso einen Unterschied machen wie schlechtes Wetter/Sicht oder Schneelage.

Hüttenübernachtung

Eine große Bitte: Verwendet in den Zimmer- und Matratzenlagern nur Stirnlampen mit Rotlicht! Weißes Licht oder überhaupt grelles Licht von den Smartphones blendet enorm in den Augen und hindert am Einschlafen/Durchschlafen (Hintergrund).

Wanderstöcke ja oder nein?

Ich bin jahrelang mit zwei Wanderstöcken gegangen, bis ich festgestellt hab, dass ich gerade bergab dadurch langsamer bin als andere, weil ich wie ein Blinder nach dem nächsten sicheren Tritt/Halt suchen muss. Es fördert die Trittsicherheit erheblich, wenn man ohne Stecken geht und dabei mehr im Kontakt mit dem Gelände ist, also seinen Körperschwerpunkt entsprechend verlagert, mehr in die Knie geht und „mitschwingt“. Das geht natürlich nur mit gesunden Knien/Gelenken, die ich gottlob noch habe.

Seit 2024 hab ich mir Faltstöcke zugelegt. Im Juni 2025 bin ich erstmals eine mehrtägige Überschreitung übers Tote Gebirge mit beiden Faltstöcken gegangen, hab aber die meiste Zeit nur einen davon gebraucht. Ein Stecken statt zwei hat den Vorteil, sich leichter anhalten zu können, wenn Kletter/versicherte Passagen kommen, bzw. kann man ihn schnell im Rucksack wegpacken. Ich benutz ihn meistens bergauf und pack ihn bergab dann weg. Zwei haben den Vorteil, sollten Schneefelder kommen oder man einen schweren Rucksack haben. Die normalen Wanderstecken verwende ich nurmehr im Winter bei Schneeschuhtouren.

Ich verwende die Forclaz Faltstöcke von Decathlon (40 Euro pro Teil).

Ernährung während der Touren

Sehr individuelle Sache. Von deftiger Jause wie Bergsteigerwurst, Bergkäse und Schweinsbraten bin ich längst weggekommen – das verträgt mein empfindlicher Magen schon lange nicht mehr.

Standardmäßig im Rucksack:

  • Getrocknete Datteln: Sie sind leichter und kleiner als Bananen, zerquetschen nicht so leicht und der Kern lässt sich leichter entsorgen als Bananenschalen. Medjoul-Datteln sind groß und süß und liefern viel Energie.
  • Gummibärchen: Schnelle Energiezufuhr, verträglicher als Müsliriegeln (-> Blähungen)
  • Kohlenhydratgels: Schnelle Energiezufuhr ohne extra Wasser, gehen auch dann gut, wenn der Magen flau ist oder sonst kein größerer Appetit vorhanden, verwende ich auch erfolgreich bei Magen-Darm-Infekten (und so ein Norovirus geht schnell mal um auf einer Hütte)
  • Kohlenhydrat-Riegel: Derzeit meist von Peeroton oder Powerbar, weil ich sie am besten vertrage, oft mit zusätzlichem Magnesium oder Koffein.
  • Trockenfleisch: Da gibt es nicht allzu viel Auswahl und sie sind ziemlich teuer, aber ich hab es immer als Notfall eingesteckt, wenn mir das Essen ausgehen sollte – oder die geplante Hütteneinkehr entfällt (weil sie kurzfristig geschlossen hat oder man den Hinweis auf Urlaub übersehen hat). Hoher Proteingehalt, sättigt länger

Als Standardjause meistens Schwarzbrot mit Käse (Hartkäse oder Butterkäse), beim Bäcker öfter ein Salzstangerl oder sonstige fettarme Gebäckstücke. Mehlspeisen haben sich als kontraproduktiv herausgestellt, regen meine Verdauung oft zu sehr an.

Getränke: Meist mit Elektrolyttabletten/lösungen angereichertes Wasser. Im Winter Kräutertee, meist ungesüßt. Manchmal auch Apfelsaft mit stillem Wasser gespritzt oder eine kleine Frucade.

Bei Hütteneinkehr hat es sich bewährt, eher fettarm und leicht zu essen, also eher Suppen statt Hauptgerichte, und eher fleischarm statt deftig. Sonst liegt es im Abstieg länger im Magen. Im Hochsommer plane ich Hütten bewusst ein, um zusätzliches Gewicht am Rucksack zu sparen. Da trink ich dann am liebsten Skiwasser/Holunderblütenwasser still. Alkoholfreies Weizen ist wegen Blähungen eher schlecht für mich. Wenn die Hütte am Ende der Wanderung kommt oder bei Übernachtungen, darfs auch ein Bier sein – aber zu viel ist schlecht, wenn man danach gut schlafen will – vom Harndrang abgesehen.

Im Übrigen bin ich der vegetarischen/veganen Küche gar nicht abgeneigt, wäre sie nicht immer so hülsenfruchtlastig (-> Blähungen). Die mit Abstand besten (veganen) Bärlauchknödel auf Salat hatte ich im Februar 2025 am Gaisberg-Gipfel bei Salzburg. Ich esse vegan aber nicht aus ideologischer Überzeugung, sondern um einfach generell mehr Abwechslung zu Fleischgerichten zu haben, und weil es tendenziell fettärmer ist und damit verträglicher.

Ausrüstung

Rucksäcke: 

Hier zählt für mich: Je leichter, desto besser – und Rucksäcke immer der jeweiligen Tour anpassen. Mittlerweile hab ich fünf Rucksäcke.

Deuter 8L: Klassischer Radrucksack, verwende ich bei kurzen Touren, gerade im Wald, aber auch bei Trailrunningtouren (wobei das, was ich mache, kein Laufen ist, eher schnelles Gehen). Da passen Getränke rein, die Regenjacke, ein paar Riegel/Datteln oder Kohlenhydratgels, ggf. was zum Wechseln.

Salewa 14L: Ebenfalls auch als Rad/Trailrunning-Rucksack verwendbar – hat praktische Seitentaschen für Trinkflaschen, aber auch Sonnencreme/Insektenspray. Meine Kompaktkamera passt auch hinein und ein Faltstock. Ich verwende ihn meist bei kürzeren Tagestouren und im Hochsommer, wenn absolut stabiles Wetter herrscht, und Hütten am Weg eingeplant sind – hat dann sozusagen die minimale Ausrüstung.

Exped 20L: Tagesrucksack für ausgedehntere Ganztagestouren – Kamera, Regenjacke, Wechselgewand, Getränke und Verpflegung passen ohne abwägen zu müssen, was man daheim lässt, hinein. Integrierte Regenhülle und ein praktisches Außenfach, wo Riegel und Datteln hineinpassen. Sehr leicht.

Exped 30L: Tagesrucksack für den Winter, wenn zusätzliche Kleidungsschichten notwendig sind, bzw. Mehrtagestouren im Sommer, bzw. alpinere Tagestouren. Ähnlich wie Exped 20L, aber größeres Volumen und zusätzliche Innenfächer.

Salewa 40+5L: Mein Mehrtagesrucksack für mehrtägige hochalpine Wanderungen. Er wartet noch auf seinen Einsatz. Mein letzter Rucksack war von Deuter, hatte ich bei 6 Tage Ötztaler Alpen und 6 Tage Hohe Tatra dabei. Da müssen dann auch Helm und Steigeisen reinpassen und erweitertes Wechselgewand/Zwiebelschichten.

Mit oder ohne Netz? Ich hab vor ein paar Jahren begonnen, alle Rucksäcke auf ohne Netz umzustellen. Netz hat den Vorteil, dass kein direkter Kontakt vom Rücken mit dem Rucksack besteht, damit schwitzt man nicht so stark. Nachteil: Der Rucksack wird dadurch ausgebeult und hat weniger Stauraum, und er verlagert den Körperschwerpunkt vom Rücken weg. Das führt gerade auf steilen Passagen dazu, dass man mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hat, der Rucksack unangenehm nach hinten zieht.

Die beiden Exped-Rucksäcke haben beide ein Rückennetz, das aber gerade am Rucksack anliegt – damit haben sie die Vorteile der Netz-Belüftung, aber nicht deren Nachteile und der Rucksack bleibt innen geräumig. Sie waren natürlich auch recht teuer, aber für den Komfort und die Funktionalität ist es mir das Geld Wert – idealerweise eine Investition für Jahrzehnte.

Einen kleinen Nachteil hat der Exped aber im Winter mit Schneeschuhen: Fixierschnallen fehlen bei diesem Rucksack, dafür werd ich wohl meinen alten Deuter 30L behalten müssen, wobei dieser nur eine Fixierschnalle hat und die Schneeschuhe öfter mal rausgerutscht sind. Denn in den immer schneeärmeren Wintern muss man sie immer öfter zu Beginn am Rucksack tragen.

Schuhe

Auch da hat sich mein Portfolio deutlich diversifiziert. In den ersten Jahren hatte ich nur Leichtwanderschuhe und schwere Meindl Bergschuhe.

Trailrunningschuhe: Halbschuhe mit gutem Profil – verwende ich bei (Halb-) Tagestouren im Nahbereich von Wien, vor allem im Wienerwald

Knöchelhohe Leichtwanderschuhe: Auch gutes Profil, ebenfalls bei weichem Untergrund oder Forstwege im Einsatz, überleben auch eine Gatschlacke und weglose Steilhänge.

Salewa MTN MidTrainer: Mein Standardschuh für alpinere Touren – gutes Profil, zehenverstärkt, allgemein robuster (Vibramsohle), aber dennoch leichtes Gewicht – hat mittlerweile auch einen Nachfolger, wird wohl der nächste Schuh dann – damit geh ich fast alles, auch mehrtägige Touren im hochalpinen Gelände. Spikes lassen sich ebenfalls aufziehen und Steigeisen, wobei ich letztere noch nie gebraucht habe.

LaSportiva: Ebenfalls ein robusterer Schuh, der etwas größer/fester ist als der Salewa, verwende ich vor allem im Winter mit Schneeschuhen.

Kleidung

Ob Merinowolle oder Funktionstshirts – da scheiden sich die Geister. Ich trag beides, wobei schweißnasse Funktions-T-Shirts so am Körper kleben, dass ich sie dann nicht ausziehen kann. Sie trocknen dafür schneller als Merinowolle.

Sonst gilt das Zwiebelprinzip: In der Übergangsjahreszeit ist meine Standardkleidung

  1. dünnes Funktionsleiberl (kurz oder lang)
  2. Primaloft/Daunen-Weste (ärmellos)
  3. optional Regenjacke

Damit geh ich mittlerweile auch im Winter. Nur bei Sturm in Verbindung mit Schneefall hab ich noch eine Wintersoftshelljacke oder eine Merinofleecejacke statt der ärmellosen Weste. Kommt leider immer seltener vor (Klimaerwärmung).

Im Winter trag ich Winterwanderhosen, meist verstärkte leichte Hosen, idealerweise mit integrierten Gamaschen, ggf. eine Regenhose darüber.

Im Sommer dünne, helle Sommerwanderhosen – hell, um Zecken leichter zu erkennen, bevorzugt eine abzippbare Variante. Meine liebste Variante ist die Dreiviertelhose – damit sind die Knie geschützt, wenn’s mal etwas felsiger wird oder man viel Botanik (Dornen, Brennnessel) queren muss.

Wetter

Von Beruf bin ich Meteorologe und so plane ich auch meine Wandertouren. Ich verwende grundsätzlich niemals Wetter-Apps und empfehle auch keine. Vielleicht interessiert es aber auch wen, wie ein Meteorologe so vorgeht bei der Tourenplanung.

1. First guess 

Für die grobe Vorausplanung mehrere Tage im Voraus schau ich mir meist das GFS-Globalmodell in der Wetterzentrale an – vor allem die Parameter Niederschlag, 850hPa-Temperatur und Wind.

2. Konkrete Planung:

Für den 48-Stunden-Zeitraum wechsel ich dann zu ICON D2. Wenn die Wetterlage unsicher ist, schau ich mir zusätzlich ICON Global und EZWMF an, letzteres meist bei kachelmannwetter.com – da gibt es mehr Parameter und man kann leichter zwischen den Modellen wechseln.

Zusätzlich kann ich bei Kachelmann auch Vertikalprofil-Prognosen für jeden beliebigen Punkt erstellen – damit seh ich das Gewitterpotential, wie stabil eine Schichtung ist, wie hoch das Nebel/Hochnebel-Risiko, wie tiefbasig die Bewölkung ist (Gipfel in Wolken!), etc.

Mithilfe dieser Karten kann ich mir eine sehr genaue Vorstellung davon machen, wie hoch das Niederschlagsrisiko am Tourentag im Tourengebiet sein wird, ob es Schauer, Gewitter oder Flächenregen ist, wie bewölkt es dabei ist, wie windig und wie warm oben und unten. Ob Föhn herrscht oder ob es sehr schwül ist.

3. Am Tag der Tour: 

Bei potentiellen Gewittertagen schau ich aus dem Fenster beim Frühstück oder konsultiere Webcams aus der Tourenregion. Altocumulus-Wolkenarten sind häufige Gewittervorboten – zeigen zumindest an, ob die Atmosphäre labil oder stabil geschichtet ist. Das ist dann meist eine Bestätigung, dass im Modell angezeigte Gewitter auch eintreffen können, oder aber, dass das Modell die Gewittergefahr mitunter unterschätzt.

Während der Tour achte ich weiterhin auf Altocumuli und sich türmende Quellwolken. Gehen sie mehr in die Breite als in die Höhe, deutet das zunächst auf Stabilität hin. Durch meine Vorarbeit (Punkt 1 und 2), weiß ich, ob damit eine Kaltfront verknüpft ist – dann ist die Stabilität zu Beginn kein Ausschlussgrund, oder ein schwächerer Höhentrog, dann hält es tendenziell eher.

Bei labilen Tagen ist der Ablauf oft ähnlich: Anfangs entstehen viele kleine Aufwindbereiche (Thermikschläuche) und es bilden sich viele Quellwolken, mitunter ein kurzer Regenschauer. Dann lockert es sonnig auf und es bilden sich nurmehr wenige, aber mächtige Aufwindbereiche, und stärkere Schauer und sogar Gewitter – außer die Labilität reicht nicht mehr, dann bleibt es trocken.