In Zeiten von Panomax und FotoWebcam lässt sich heute viel besser bestimmen, wie weit hinauf Nebel und Hochnebel reichen, während Satellitenbilder eher Rückschlüsse auf die räumliche Ausdehnung ziehen lassen. Für viele Menschen ist es immer noch unvorstellbar, dass Nebel ein vertikal relativ flaches Phänomen ist, also über der trüben Nebelsuppe strahlender Sonnenschein herrscht.
Die knifflige Frage für Meteorologen bleibt, wann und wo sich Nebel oder Hochnebel bildet, wo Unter- und Obergrenzen liegen und wann er sich wieder auflöst. Für Bergwanderer ist es von Interesse, ob man unter, im oder über dem Nebel wandert, der Durchschnittsmensch kann bei dichtem Nebel im Winter seine Daunenjacke anziehen, braucht bei einem sonnigen Tag dagegen nur ein dünneres Leiberl. Kritischer ist Nebel hingegen in der Luftfahrt sowie im Straßenverkehr, aber auch für die Bergrettung, wenn der Hubschrauber nicht geschickt werden kann.
Obwohl sich die Wettervorhersage in den vergangenen 20 Jahren wesentlich verbessert hat, zählen Nebel- und Hochnebelvorhersagen weiterhin zu den größten Herausforderungen im Vorhersageralltag.
1. Definitionen
Nebel entsteht dann, wenn die relative Feuchte 100% beträgt bzw. Lufttemperatur und Taupunkt identisch sind. Nebel ist also nichts anderes als eine Wolke in Bodennähe mit einer Sichtweite geringer als 1000m. Darüber spricht man von feuchten Dunst, unter 80% von trockenem Dunst. Die Sichtreduktion im Nebel hängt von der Konzentration von Wolkenkondensationskernen sowie der entsprechenden Tröpfchengrößenverteilung ab. Die Angleichung von Temperatur und Taupunkt geschieht durch die Abkühlung der Luft (Strahlungsnebel, Advektionsnebel, Steigungsnebel) oder durch Feuchtezufuhr und Taupunktsanstieg (z.B. Seenebel, wenn sehr kalte Luft über warmes Wasser strömt, oder Frontalnebel, wenn Niederschlag die Luft bodennah anfeuchtet, oder Nebel nach Hagel). Die Mischung aus Nebel und Rauch aus Industrieabgasen nennt sich Smog (smoke + fog).
Bevorzugt nach Niederschlag mit windschwachen Verhältnissen in der Nacht können sich auch flache Nebelschwaden ausbilden. Liegen sie unterhalb einer Höhe von 2m, spricht man von seichtem Nebel (in der Fliegerei MIFG abgekürzt, von französisch mince für seicht und fog für Nebel).
Tropfenradien:
- leicht nässender Nebel 5-10 µm
- dichter nässender Nebel 10-20 µm
- nässender Nebel 50 µm (entspricht der Größe von Tautropfen)
Aufgrund der Tropfengröße ändert sich das gestreute Licht auch nach der Streuung nicht. Daher erscheint Nebel weiß, ausgenommen in Industriegebieten (durch Staub- und Ruß gelblich) oder in Ballungsgebieten mit Neonreklame und Straßenbeleuchtung.
Im Fall von Dauerfrost bilden sich statt Nebeltropfen vermehrt Eiskristalle. Da die Anzahl der Nebeltropfen gegenüber den Eiskristallen meist überwiegt, ist die Sicht bei Eisnebel in der Regel größer. Infolge des reflektivierten Lichts im gesamten sichtbaren Spektralbereich treten bei Eisnebel oft Haloerscheinungen auf.
Stabilisierung und Labilisierung von Nebel
Bei einer vertikal mächtigen Nebeldecke kühlt die Oberseite nachts durch die reflektivierte langwellige Strahlung stärker ab als die Nebelschicht selbst. Dadurch wird die Nebelschicht labilisiert und sehr kleinskalige Konvektion entsteht, welche die Wolkenobergrenze auswölbt. Von oben betrachtet schaut die Nebeldecke daher nicht homogen aus.
Konvektion entsteht aber auch durch Steigungsnebel (über hügeligem Relief) oder Stadtwärme, woraus Nieseln, Schneegrieseln oder Industrieschnee folgen. Wenn die Tropfen gleich groß sind, fallen sie mit gleicher Geschwindigkeit, was ein Zusammenwachsen der Tropfen und Nebelauflösung verhindert. Bei unterschiedlicher Tröpfchengröße wachsen die großen auf Kosten der kleinen, sodass die Fallgeschwindigkeit unterschiedlich ist. Durch den ausfallenden Niederschlag nimmt der Wassergehalt im Nebel ab, er löst sich in weiterer Folge auf.
Das Vorhandensein einer Schneedecke bei Plusgraden spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Schnee wirkt kühlend auf die Umgebungsluft, kann jedoch selbst nie über Null Grad erreichen, weil die absorbierte Wärme vollständig für den Schmelzvorgang verbraucht wird. Schneedecken fördern also die (flache) Nebelbildung, ebenso wie eine lokale Wasserdampfquelle (Moore, Sümpfe, Seen, Meer).
Auflösung durch …
- auffrischenden Bodenwind
- Abbau der Inversion durch Höhenkaltluft oder Luftmassenwechsel/Sonnenstrahlung
- Niederschlag (Tröpfchenkonzentration schrumpft, Sichtweite verbessert sich)
- Föhn (turbulente Durchmischung von oben sowie vorföhnig auflebender Wind)
- Hangwindzirkulation in alpinen Tallagen, wodurch in Talmitte absinkende Luftbewegungen vorherrschen und die Luft abtrocknen.
2. Arten von Nebel
2.1 Strahlungsnebel
Wenn der Himmel nachtsüber aufklart und schwache Windverhältnisse herrschen, kann die Luft kräftig abkühlen. Dadurch sind windgeschützte Mulden, Senken, Becken und Tallagen nebelanfälliger als abschüssige, enge Täler (z.B. unteres Wipptal, unteres Lammertal), die in der Nacht einen stärkeren Talauswind produzieren oder überregionale (synoptische) Winde leichter durchgreifen können.
2.1.1 Bodennebel
Bodennebel reicht vom seichten Nebel über feuchten Wiesen und Moorgebieten bis hin zu wenigen hundert Meter Dicke (in Flugwettermeldungen von 50 bis 300 Fuß über Grund, selten höher, dann abgehoben als Hochnebel). Er bildet sich gerne im Sommer nach kräftigem Gewitterregen und kann örtlich eng begrenzt auftreten. Hagelschlag begünstigt seichte Nebelschwaden. Im Winterhalbjahr tritt er bevorzugt nach Warmfrontdurchgang auf, wenn die Taupunkte hoch bleiben, sowie mit Hochdrucklagen.
2.1.2 Hochnebel
Hochnebel wird als Stratus- oder Stratocumulusschicht mit einer Untergrenze von über 600m über Grund (entspricht 2000ft agl) definiert und entsteht aus einer Kombination von Grundschichtfeuchte (durch Niederschlag oder zugeführt) und Höheninversion (Absinkinversion). Schon vor der eigentlichen Wolkenbildung kann eine Dunstschicht vorhanden sein (gut auf Webcams erkennbar), an dessen Obergrenze sich der Stratocumulus ausbreitet. Nachfolgend ein paar Beispiele für Hochnebel, der sich auf unterschiedliche Weise gebildet hat.
i) Lokale Entstehung durch zuvor gefallenen Niederschlag
ii) Advehierter Hochnebel
Im Spätherbst und im Winter erwärmen sich die Berge meist rascher als das Flachland, es bildet sich tagsüber ein Druckgefälle hin zu den Bergen. Zum Höhepunkt der Tageserwärmung kommt der vorhandene Nebel und Hochnebel im Alpenvorland in Bewegung und strömt taleinwärts. Das geschieht manchmal durchaus sehr schnell und innerhalb Minuten ist das ganze Tal in dichten Nebel gehüllt.
iii) Sonderfall Hochnebel im Wiener Becken
Das Wiener Becken selbst ist flach, steigt aber nach Westen und Nordwesten hin zum Wienerwald sowie ins Wald- und Weinviertel sukzessive an. Bei südöstlicher Strömung am Boden wird feuchte Grundschichtluft sukzessive angehoben und kondensiert zu Nebel oder Hochnebel aus. Starker Südostwind mit Spitzen 40-50km/h, manchmal sogar 60km/h, und Nebel sind im Wiener Becken kein Widerspruch. Wenn der Wind vermehrt auf rein südliche Richtungen dreht, kann sich vom Semmering und Wechselgebiet her föhnbedingt eine wolkenfreie Zone ausweiten. Bei Drehung auf Nordost fehlt die Hebung und der Nebel lockert auf. Bei Drehung auf West kommt es zu föhnig verstärktem Absinken im Lee der Erhebungen und ebenfalls zu Nebelauflösung.
Im gezeigten Fall bildeten sich morgens die ersten Nebelschwaden, die sich rasch zu Hochnebel verdichteten (Untergrenze etwa 1000ft agl). Die Obergrenze war infolge der Föhninversion bei nur 2000ft agl.
iv) Hochnebelobergrenze
Hier handelt es sich nicht um seichten Bodennebel, sondern um Hochnebel. Wir waren im Zuge unserer Wanderung im Wienerwald lediglich durch die Nebelschicht durchgetaucht, sodass wir zum Schluss die Nebelgrenze durchstießen.
2.2 Nebel in Wolken
Zugegeben banal, aber da Nebel per definitionem eine Wolke ist, können starke Sichteinschränkungen natürlich auch dann auftreten, wenn man in tiefe Restbewölkung eintritt, so wie am zweiten Tag einer geführten alpinen Wanderung in den Ötztaler Alpen. Am Vormittag hielt sich noch hartnäckige Restbewölkung einer abziehenden Front über 2500m Seehöhe.
2.3 Advektionsnebel
Wenn feuchtwarme Luft über einen kälteren Untergrund aufgleitet, spricht man von Advektionsnebel, nicht zu verwechseln mit advehiertem Nebel. Advektionsnebel erreicht meist eine Mächtigkeit von 300-500m, in seltenen Fällen auch 1km und tritt vorwiegend im Winterhalbjahr auf, wenn sich bodennah eine zähe Kaltluftschicht ausbilden kann.
In Wien bildet sich Advektionsnebel als Sonderfall des „vortex vindobonensis“. Weitere Entstehungsorte sind größere Binnengewässer und Ozeane, wenn sich diese im Gegensatz zum Festland langsamer erwärmen (Frühjahr, Frühsommer). Auch unterschiedlich temperierte Meeresströmungen erzeugen Advektionsnebel, z.B. bei Neufundland, wo der kühle Labradorstrom von Norden und der warme Golfstrom von Süden aufeinandertreffen. Ebenso kaltes Tiefenwasser, das zur Oberfläche aufsteigt, z.b. der Nebel im Polarmeer, die Ishavsskodde. Meernebel kann auch das Binnenland erreichen, wenn die Nebelschwaden durch den Seewind (Land-Seewind-Zirkulation) landeinwärts getrieben werden. Mit nachlassendem Feuchteangebot löst sich dieser jedoch auf bzw. geht durch Erwärmung und Turbulenz in lockere Stratocumulusbewölkung über.
2.4 Hangnebel
Wenn Hangaufwinde zur adiabatischen Abkühlung führen und Kondensation einsetzt, bilden sich Nebelschwaden an den Hängen. Hangnebel bleibt am Vormittag übrig, wenn sich die Hochnebeldecke oder tiefe Restbewölkung durch die Querzirkulation aufgelöst hat. Ist eine Inversion vorhanden, kann sich die Hangbewölkung am Abend seitlich ausbreiten und wieder eine geschlossene Hochnebeldecke bilden.
2.5 Dampfnebel
Dazu zählen Fluss- und Seerauchen sowie Wald- und Straßenrauchen.
Bei starker Abkühlung über einer warmen Boden- oder Wasseroberfläche wird die Luftschichtung unmittelbar darüber labilisiert. Daraus entsteht ein turbulenter Wärmestrom mit Ablösung von Wärmeblasen. Beim Aufsteigen kühlen diese ab und kondensieren, was beim Beobachter den Eindruck des Rauchens vermittelt (so wie ein Misthaufen im Winter warmen Dampf abgibt).
See- und Flussrauchen tritt vorwiegend am frühen Morgen auf, bei Seerauchen können sich daraus die seltenen Nebelteufel entwickeln (Kleintromben, kleinräumige Wirbel um eine vertikale Achse), wenn sich zusätzlich zur Labilisierung über der Wasseroberfläche kleinräumige Richtungswechsel des Windes ereignen.
Wald- und Straßenrauchen ist auf starken Schauer- oder Gewitterniederschlag (mit und ohne Hagel) in den Sommermonaten beschränkt, wenn die Verdunstungskälte bodennah den Taupunkt erreichen lässt und im Anschluss wieder die Sonne einstrahlt.
3. Begleiterscheinungen von Nebel
3.1 Nebelbogen
Im Gegensatz zum Regenbogen ist er weiß und doppelt so breit. Der Radius beträgt 42°, mit abnehmender Tröpfchengröße wird er kleiner. Bei Tröpfchen, die kleiner als 50 Mikrometer sind, überlagern sich die Regenbogenwinkel der einzelnen Spektralfarben so, dass sie zusammen weißes Licht ergeben. Bei weniger als 5 Mikrometer ist der Nebelbögen nicht mehr erkennbar.
3.2 Malojaschlangen, Nebelwasserfälle
Ein klassisches Phänomen an Passübergängen, mit und ohne hochreichendem Föhn.
3.3 „Fischaugen“- Nebel
Hier strömte der Nebel von links nach rechts (Ost nach West). In der Höhe wehte eine straffe Südwestströmung, am Abend ging eine Kaltfront durch, die den Wind in tieferen Schichten auf Nordwest drehen ließ. Das erklärt die Strömungsrichtung des Nebels zwar nicht, aber ich habe keine Erklärung.
3.4 Strahlenbüschel an der Dunstobergrenze
Strahlenbüschel (Crepuscular Rays), welche durch erhöhten Wasser- und Staubpartikelanteil in der Luft durch Streuung entstehen.
3.5 Nieseln, gefrierendes Nieseln, Schneegrieseln, Industrieschnee
mehr dazu unter 1.4 und 4.4 im Kapitel Winterniederschlag.
4. Prädestinierte Nebelregionen im Ostalpenraum
4.1 Klassische Nebel-Sonne-Verteilung bei Südföhn im Alpenraum