Pusztawinde: Die „Puszta“ bezeichnet eine baumlose Landschaft, die weite Teile Ungarns und des Nordburgenlands bedeckt. Im Sommer sorgen von dort stammende Winde für trocken-heiße Luftmassenzufuhr. Die Sicht ist häufig durch trockenen Dunst eingeschränkt, die Luft staubig und das Durstgefühl hoch. Pusztawinde wehen meist mit mäßiger Intensität, bei starken Südföhnlagen durchaus auch kräftig.
Krowotenwinde: Das Pendant dazu im Winter stellt der kalte, feuchte Südostwind (benannt nach den Kroaten, ugs. Krowoten) dar, der auf den sanften Hügeln des Weinviertels und am Alpenostrand aufgleitet. Die damit verbundene Hebung erzeugt großflächige Kondensation und Hochnebelbildung. Je stärker die südöstliche Anströmung, desto hartnäckiger der Hochnebel. Starker Südostwind mit Windspitzen über 50 km/h bei gleichzeitiger Hochnebeldecke sind im Wiener Becken kein Widerspruch.
Westföhn über dem Wienerwald ist für die beste Fernsicht verantwortlich, die vom Schneeberg und Wechsel bis zu den Kleinen Karpaten reicht. Zudem erreicht Westföhn die höchsten Windgeschwindigkeiten in den westlichen und südlichen Bezirken Wiens, höher noch als bei Nordwestwind. Auch Temperaturrekorde sind durchaus auf Westföhn zurückzuführen, er ist nebenbei auch der Erzeuger der schönsten Föhnwolken (Ac len).
Südföhn tritt deutlich seltener als Westföhn auf, die Windgeschwindigkeiten halten sich dabei wegen der weiten Wegstrecke vom Semmering-Wechsel und der Buckligen Welt her meist in Grenzen.
Neben den Windsystemen existieren auch Niederschlagsphänomene wie der „Waldviertelexpress“ oder Drifteffekte über den Wienerwald. Beim Waldviertelexpress herrscht eine Nordwestströmung in der Höhe. Diese wird im Donautal und am Alpennordrand orographisch bedingt zur reinen West- bzw. Westsüdwestströmung umgelenkt. Dort wo die unterschiedlichen Winde aufeinandertreffen, entsteht eine Bodenkonvergenz, die Luftmassen werden nach oben gezwungen und bilden Schauer- oder Gewitterwolken. Je nach Position der Konvergenzlinie ziehen die Schauer nördlich oder südlich am Stadtgebiet vorbei, manchmal auch genau drüber. Das tückische am Waldviertelexpress ist, dass die Wettermodelle nicht immer Niederschlag rechnen, selbst wenn die Konvergenz richtig modelliert wurde.
Beim Drifteffekt, meist mit wetteraktiven Warmfronten oder Adriatiefentwicklungen, herrscht eine starke West- bis Nordwestströmung. Der Stauniederschlag wird dabei weit ins Lee verfrachtet und kann auch im Wiener Stadtgebiet noch für nennenswerte Mengen sorgen. Je fester der Niederschlag, desto besser funktioniert das, am besten bei feinem Pulverschnee, was dann für ordentlich eingewehte Verkehrswege und Autos sorgen kann.
Druckwellen (hier nicht eingezeichnet) sind die häufigste Form der Winddrehung von südlichen auf westliche Windrichtungen. Sie entstehen durch Niederschlags- und Gewitterbildung über Südostbayern und dem oberösterreichen Zentralraum. Die dabei erzeugte Verdunstungskälte beschleunigt den großräumigen Westwind. Die höchsten Windgeschwindigkeiten werden dabei zwischen der Wachau und Wien erreicht. Im Sommer eilen Druckwellen oft den Gewitterlinien viele Kilometer weit voraus und beeinflussen die Gewitterwahrscheinlichkeit in Wien selbst.
Spezialfall Vortex Vindobonensis (Wiener Wirbel) bei Südföhnlage
Quelle: http://refresh.wetteran.de/wp-content/uploads/2018/11/vortex-vindobonensis.pdf
Der Wiener Wirbel entsteht bei einem klassischen Süd-Nord-Druckgradienten über die Alpen hinweg. Inneralpin setzt sich Südföhn durch, der Alpenostrand wird umströmt (Südostwind). An einem bestimmten Zeitpunkt entsteht am Alpenostrand nahe oder über Wien ein kleinräumiges Leetief. Weiter östlich strömt weiterhin milde Luft heran, weiter westlich über dem Wienerwald und vom Tullnerfeld her wird kühlere Luft angesaugt. Vor allem im Winter kann das zu recht ausgeprägten Temperaturunterschieden auf engstem Raum führen, ebenso mit Nebel in einem Bezirk und Sonnenschein im Bezirk daneben. Im verlinkten PDF sind zwei Beispiele vom Hochsommer und Spätwinter veranschaulicht.
Spezialfall Leetrog bei Westföhn
Die von der Luftmassenverteilung her umgekehrte Variante findet statt, wenn sich bei Westanströmung ein Leetrog (Tiefdruckrinne) am Alpenostrand bildet:
Durch die Überströmung erwärmt sich die Luft leeseitig und der Luftdruck fällt lokal. Dabei kann sich, wenn die Strömungslage über Stunden hinweg gleich bleibt, ein Leetrog ausbilden. Östlich davon lagert weiterhin die kühlere Luftmasse, im Winter häufig Frostluft, die mit schwachen östlichen Winden regeneriert wird. Im Westen setzt sich hingegen schon die milde Luft mit lebhaft auffrischendem Westwind durch. Auch so können beträchtliche Temperaturunterschiede entstehen, so zuletzt am 17. Jänner 2019, als sich die Luft in Mariabrunn innerhalb weniger Stunden von -2 auf +14 erwärmte, im Osten ging es deutlich langsamer, zeitweise betrugen die Unterschiede 6 bis 7 Grad auf wenigen Kilometern.
Die Vorhersage stellen solche kleinräumigen Windströmungen vor große Herausforderungen, auch in der Flugmeteorologie, wo es sehr wichtig ist, wann der Wind dreht, ob sich damit etwaiger Nebel oder Hochnebel auflöst, oder ob sich die Situation sogar noch verschärft. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine bestehende Nebelinversion durch die starke Erwärmung im Lee weiter absinkt. Die Feuchtigkeit kann nicht entweichen und der Nebel wird dichter, die Sicht schlechter, ehe sich der Nebel endgültig auflöst.