Regenbogenphänomene über Wien

(Artikel ursprünglich veröffentlicht am 01. Februar 2016)

Der Februarbeginn in Wien konnte gleich mit zwei ungewöhnlichen optischen Phänomenen aufwarten, das eine war ein Regenbogen, aber nicht irgendeiner, sondern er hielt sich stundenlang am gleichen Ort im Norden Wiens, von der Mittagszeit bis etwa eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang. Das andere Ereignis fand beim Sonnenuntergang statt und hielt ich zunächst für gewöhnliche, wenn auch stark ausgeprägte irisierende Wolken. Wie sich später herausstellte, haben sehr niedrige 30 hPa-Temperaturen von unter -75°C ein Phänomen namens Polar Stratosphere Clouds (PSCs) ausgelöst, die vor allem in den Dämmerungszeiten gehäuft sichtbar sind.

Sichtbares Satellitenbild am 1.02.2016, 11.45 MEZ

Eine Warmfront liegt über dem Norden und Osten Österreich und zieht langsam nordostwärts ab. Dahinter strömt bei stürmischem Westwind (Schneeberg: Spitzenböen bis 200 km/h) sehr milde und feuchte Luft heran, die Taupunkte steigen auf 8 bis 10 Grad. Infolge des Westwinds bildet sich ein Leetrog über dem Wiener Becken aus. Östlich davon in den bewölkten Regionen dominiert feuchte Luft und Ostwind, während die Taupunktsdifferenzen von Wien bis zum südlichen Steinfeld bei durchgreifendem Westföhn zunehmen.

Die nordwestliche Höhenströmung verursacht ausgeprägte Leewellen mit stehenden Wolkenbändern, z.B. im Lee der Kleinen Karpaten im Westen der Slowakei oder im Rax-Schneeberg-Gebiet, wo sich ein schönes Chromosomenpaar mit Zentromer über dem Semmering ausbilden konnte. Kleinere Lee- oder Transversalwellen sind auch über dem Weinviertel sichtbar.

Durch das Hineinfräsen des Westföhns an den Alpenostrand schien dort für längere Zeit die Sonne, während sich in den nördlichen Bezirksteilen die feuchte Wolkenluft über den Wienerwald schob. Der Niederschlag fiel in Form einzelner, großer Regentropfen, zeitweise auch in Gestalt von Sprühnebel/Nieselregen, und damit eher sommerlich als winterlich. Der beständige Nachschub dieser feinen Tröpfchen sorgte für die Aufrechterhaltung des Regenbogens, der zwischendurch auch als Doppelbogen ausgeprägt war.

Regenbogen über dem Alten AKH (© Felix Welzenbach)

Gleichzeitig zogen im Eiltempo tiefe Wolkenfetzen über den Wiener Himmel ostwärts, in 850 hPa (1500 m) betrug der Mittelwind zu dem Zeitpunkt rund 100 km/h.

Sichtbares Satellitenbild um 14.15 MEZ

Um 14.15 MEZ, als ich erstmals den Regenbogen selbst fotografieren konnte, sind die Leewellen im Osten verschwunden, der Wind drehte vermehrt auf Nordwest und bildete Leewellen südlich des Alpenhauptkamms aus. Die Zweiteilung in Wien ist jedoch noch erhalten: Im Westen freundlicher, im Osten länger bewölkt. Der Westwind hat sich jedoch auch dort durchgesetzt.

Am Abend setzte sich die Sonne mit Abzug der Warmfront auch im restlichen Wien durch, sodass sich das zweite Phänomen des Tages in den Vordergrund rückte:

Irisierende hohe Bewölkung Richtung Südwesten, fotografiert vom Karlsplatz am 01.02.2016 (beide Fotos © Felix Welzenbach)

Im Gegensatz zu gewöhnlichen irisierenden Wolken ist hier eine große Wolkenfläche betroffen. Die Entstehung ist hier beim Deutschen Wetterdienst verständlich erläutert, zuletzt traten sie im Februar 2008 und Jänner 2010 auf.

Die Voraussetzungen waren um 07 MEZ erfüllt:

Temperatur in 30 hPa Geopotentieller Höhe über der Nordhalbkugel, Quelle: netweather.tv

Gemäß den Prognosen von EZMWF blieben die günstigen Bedingungen für Sichtungen in Zentraleuropa bis mindestens 7. Februar erhalten.

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